Chemnitz steigt weiter in den Radklima-Keller ab:
Beim Fahrradklimatest des ADFC geben die ChemnitzerInnen ihrer Stadt @chemnitz.de eine traurige Gesamtnote 4,18.
Das erscheint logisch: Kaum MehrPlatzfuersRad, zu wenige neue Radwege, kaum Radfahr- statt Parkstreifen.
Mit einer Gesamtbewertung der Fahrradsituation von 4,18 liegt Chemnitz deutlich schlechter als der bundesweite Durchschnitt. Nachdem der Fahrradklima-Test 2018 im Freistaat eine kleine Verbesserung zu den Vorjahren aufzeigte, verschlechterte sich das Fahrradklima wieder leicht von der Schulnote 3,95 auf 4,02.
Radfahrer in Chemnitz fühlen sich von Autos bedrängt
Fahrradklima-Test des ADFC zeigt Lücken beim Radwegenetz in Chemnitz
61% der Chemnitzer fühlen sich gestresst, wenn sie mit dem Rad unterwegs sind. Mehr als vier von fünf Chemnitzern führen sich im Straßenverkehr auf dem Rad gefährdet. Dies zeigt der Fahrradklima-Test des ADFC, der am 16. März der Öffentlichkeit vorgestellt wird.
Neben dem Stresslevel und dem Sicherheitsgefühl beim Radfahren weisen die Ergebnisse der ADFC-Studie auf weitere Problemstellen beim Radverkehr in Chemnitz hin. 74% der Befragten geben an, mit dem Rad in Chemnitz nicht als gleichwertige Verkehrsteilnehmende akzeptiert zu sein. Die Frage, ob Radfahren für Menschen aller Altersklassen gut möglich ist, verneinten 55%. Damit liegt Chemnitz deutlich unter dem sächsischen Durchschnitt.
Thomas Lörinczy vom ADFC in Chemnitz sieht dringenden Handlungsbedarf: „Die aktuelle Pandemie hat den anhaltenden Trend zum Fahrrad der letzten Jahre nur noch verstärkt. Diese Entwicklung darf die Kommunalpolitik nicht verschlafen. Chemnitz hat sich im Vergleich zu 2018 bei fast allen Fragestellungen verschlechtert. Die Menschen wollen mehr Wege mit dem Rad zurücklegen. Doch damit sie das tun können, brauchen wir durchgehend sichere Radnetze und angstfreie Wege.“
Der Fahrradklima-Test zeigt aber auch, dass Verbesserungen anerkannt werden. Die Möglichkeiten, das Rad in öffentlichen Verkehrsmitteln mitzunehmen, wurden 2020 deutlich besser bewertet als noch vor zwei Jahren. „Ich freue mich sehr, dass in Chemnitz in den letzten Jahren wichtige Schritte unternommen wurden – besonders die Freigabe von Einbahnstraßen und die vielerorts inzwischen verfügbaren Anlehnbügel sind gute Zeichen" so Lörinczy.
Konflikte mit dem Autoverkehr gehören in Chemnitz für die meisten Radfahrer zum Alltag. 83% der Befragten sehen ein hohes Konfliktpotenzial zwischen Radfahrerenden und Kraftfahrzeugen. 84% gaben an, regelmäßig von Autos bedrängt und behindert zu werden.
Darüber hinaus gaben 72% der Befragten ihrer Stadtverwaltung bei der Frage nach den Bemühungen um sichere Rad-Infrastruktur schlechte Noten. „Bei der stetig steigenden Zahl an Radfahrenden ist das ein ernstes Problem. Chemnitz muss endlich mehr tun für sichere Radwege“, so Lörinczy.
Eine Ergänzung zur Landespolitik kommt von Konrad Krause, Geschäftsführer des ADFC Sachsen: "Natürlich muss aber auch der Freistaat die sächsischen Kommunen unterstützen. Dass Verkehrsminister Martin Dulig jetzt den Städten und Gemeinden den Geldhahn zudrehen will, besorgt mich sehr." Der Haushaltsentwurf der sächsischen Staatsregierung sieht eine Reduzierung von Mitteln zum Ausbau kommunaler Radwegenetze von 11,7
Mio. Euro im Jahr 2020 auf rund 2,4 Mio. Euro ab 2021 vor. Der ADFC setzt große Hoffnungen darauf, dass die Landtagsabgeordneten von CDU, Grünen und SPD dies in letzter Sekunde noch korrigieren.
Hintergrund:
Der Fahrradklima-Test ist die größte Umfrage zum Radfahren weltweit und wird seit 2012 alle zwei Jahre vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) durchgeführt. Er umfasst 27 Fragen. Zwischen September und November 2020 konnten Radfahrende deutschlandweit ihre Meinung zu den Radverkehrsbedingungen in ihrer Stadt äußern. 94% der Befragten verfügen über einen Führerschein und 76% besitzen ein Auto.
85% sind nicht Mitglied im ADFC. Bei der aktuellen Befragung wurden außerdem fünf Zusatzfragen zur Entwicklung des Radverkehrs während der Corona-Pandemie erhoben. Das Fahrradklima, also die Wahrnehmung der Radverkehrsbedingungen, hat sich bundesweit weiterhin verschlechtert. 2014 wurde das Fahrradklima noch mit der Schulnote 3,7 bewertet, 2016 mit 3,8, 2018 mit 3,9 und nun mit 3,93.
2020 bewerteten in Chemnitz 714 Personen ihre Stadt nach Fahrradkriterien, in Sachsen waren es über 11.000 und deutschlandweit sogar fast 230.000. Die Ergebnisse für die Stadt Chemnitz zeigen einen Aufholbedarf. Mit einer Gesamtbewertung der Fahrradsituation von 4,18 liegt Chemnitz deutlich schlechter als der bundesweite Durchschnitt. Nachdem der Fahrradklima-Test 2018 im Freistaat eine kleine Verbesserung zu den Vorjahren aufzeigte, verschlechterte sich das Fahrradklima wieder leicht von der Schulnote 3,95 auf 4,02.
Beim Fahrradklima-Test lag dieses Jahr ein besonderer Fokus auf dem Zusammenhang zwischen der Pandemie-Situation und dem Radverkehr.
Danach hat das Fahrrad mit der Corona-Pandemie als Verkehrsmittel an Bedeutung gewonnen. 59% der Chemnitzer bestätigten diese Tendenz. 49% der Befragten in Chemnitz gaben an, während der Corona-Pandemie mit dem Rad neue Ziele in der Umgebung entdeckt zu haben. Doch berichteten 91%, es fehle an handfesten Signalen zur Radförderung.
Übersicht der Ergebnisse des Fahrradklima-Test in Chemnitz
2020: https://sn.adfc-clouds.de/index.php/s/AW7M9jZW2fAfHnm
Link zu den Ergebnissen der vergangenen Jahre:
https://fahrradklima-test.adfc.de/ergebnisse
Link zum Fragebogen 2020:
https://fahrradklima-test.adfc.de/fileadmin/BV/FKT/Download-Material/adfc_FKT_Fragebogen_DIN_A4_2020_web.pdf